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Handwerker sind Influencer mit Ecken und Kanten

Immer mehr Kunden recherchieren online, bevor sie Handwerker engagieren. Warum Social Media und Online-Bewertun­gen für Maler- und Gipserbetriebe wichtig sind – Tipps von zwei Praktikern, wie man Kundschaft gewinnt und hält.
15.04.2025 Wissen
  • Eine Bildschirmaufnahme eines Instagrambeitrages der Firma.

    Fotos oder kurze Videos von Mitarbeitenden verleihen dem Betrieb ­Persönlichkeit. ­Instagram-Post der Urs Haller AG. / Bild: Urs Haller AG

Eine neue Studie des britischen Marke­ting-Beratungsunternehmens BrightLocal zeigt, dass Konsumenten und Konsumentinnen zunehmend auf detaillierte und objektive Produkt- sowie Unternehmensbewertungen setzen. Dabei werden positive und negative Aussagen gleichermassen berücksichtigt. Bereits in einer früheren Studie gaben fast 100 Prozent der Befragten an, Online-Bewertungen genauso zu vertrauen wie persönlichen Empfehlungen. Eine Befragung des US-Softwareunternehmens Bazaarvoice aus dem Jahr 2023 zeigt zudem, dass rund zwei Drittel der Konsumenten Online-Bewertungen in ihre Kauf­entscheidung einbeziehen.

Reaktion auf Feedback essenziell

In der BrightLocal-Studie steht auch, dass Unternehmen, die aktiv auf Bewertungen reagieren, das Vertrauen potenzieller Kunden in sie stärken. Laut BrightLocal nutzen viele Verbraucherinnen und Verbraucher auch Videoinhalte zur Recherche. Maler- und Gipserbetriebe sollten daher Videos wie Projektpräsentationen, Anleitungen oder positive Kunden­referenzen in ihren Social-Media-Kanälen nutzen, um Einblicke in ihre Arbeit zu geben.

Auch für kleine Maler- und Gipserunternehmen kann sich eine gezielte Social-Media-Strategie mit zielgruppengerechten Inhalten und der ­Veröffentlichung von echten Bewertungen lohnen, um die eigene (Online-)Reputation zu stärken, Vertrauen aufzubauen und potenzielle Kundschaft auf sich aufmerksam zu machen. Bestehende Kunden und Kundinnen sollten durch regelmässige Erfolgs­geschichten darin bestärkt werden, beim «richtigen» Betrieb gelandet zu sein.

Doch wie wirken sich Social Media aus Sicht eines Auftraggebers aus? Wohnungsbesitzer Hanspeter Meier (51, Name geändert) aus Aarau AG hatte Glück: Neben seiner Eigentumswohnung wurde die Nachbarwohnung gerade von einem Maler aus der Region frisch gestrichen. Auf dem ­Firmenwagen des Malers waren dessen Website und Handynummer angegeben – eine unkomplizierte Kontaktmöglichkeit.

Traditionell und digital

Meier erzählt: «Ich konnte den Maler direkt anrufen und fragte auch meinen Nachbarn nach seinen Erfahrungen mit ihm. Die Entscheidung für diesen Maler fiel schliesslich aufgrund der vielen positiven Online-Bewertungen auf Google und dem Schweizer Handwerkerportal Renovero.»

Das Beispiel zeigt: Handwerksbetriebe sollten bei der Kundengewinnung sowohl auf traditionelle Werbung wie etwa Autobeschriftung, Flyer, Anzeigen in Lokalzeitungen als auch auf digitale Kanäle und Handwerkerportale setzen. Marketing-Fachleute wissen: Der richtige «Marketing-Mix» ist entscheidend und muss jeweils auf das Unternehmen, die Branche und die gewünschte Zielgruppe abgestimmt sein. Wer klassische Werbemittel komplett vernachlässigt, verspielt unter Umständen wertvolle Chancen.

Kundenvertrauen stärken

Die Urs Haller AG, ein Maler-, Gipser- und Trockenbau-Unternehmen aus dem luzernischen Aesch versteht es, das Vertrauen potenzieller Neukundschaft zu gewinnen und bestehenden Kunden die Gewissheit zu geben, mit dem richtigen Partner zusammen­zuarbeiten. 

Auf der Website des Unternehmens gibt es beispielsweise das Navigationsmenü «Bewertungen». Was diese Website für Erstbesucher glaubwürdig macht: Es werden mehrere zufriedene Kunden mit Foto, vollem Namen und Wohnort vorgestellt. Auch das Google-Profil des Unternehmens hat 4,8 Sterne bei über 50 Bewertungen.

Darüber hinaus bietet die Urs ­Haller AG auf der eigenen Website proaktiv eine Kundenbewertungsmöglichkeit an. Aus den 112 Kundenbewertungen werden die herausragenden Kundenfeedbacks zusätzlich kurz zusammengefasst. Auffallend ist auch, dass sich das Unternehmen bei positiven Rückmeldungen immer bedankt und auf eher kritische Rückmeldungen professionell und schnell reagiert. 

«Wie eine digitale Visitenkarte»

Sascha Haller ist eidgenössisch diplomierter Gipsermeister und Ko-Geschäftsleiter der Urs Haller AG. Er sagt, Instagram und Facebook seien für Handwerksbetriebe Gold wert – «aber nicht nur wegen der schönen Bilder.» Kundinnen und Kunden wollten wissen, wer bei ihnen arbeitet. Social Media sei wie eine digitale Visitenkarte. «Regelmässig Inhalte zu posten, zeigt, dass wir aktiv sind, unsere Arbeit lieben und wissen, was wir tun.»

Laut Haller hat das Unternehmen fünf Jahre lang alle Inhalte auf Social-Media-Kanälen selbst veröffentlicht. Seit rund zwei Jahren arbeitet das Unternehmen zudem für Video­produktionen mit einem Profi zusammen. Der Gipsermeister war lange der Meinung, dass die Social-Media-Plattform TikTok dem Unternehmen nichts bringt. Trotzdem probierte das Unternehmen sie aus. Haller sagt: «Plötzlich hatten wir zwei Aufträge von Leuten, die uns über TikTok kennengelernt hatten.» Die Töchter von Familien, die renovieren und umbauen wollten, hatten die Videos gesehen und motivierten ihre Mütter, den Showroom der Urs ­Haller AG zu besuchen.

Hallers Erkenntnis: «Jeder Social-Media-Kanal kann Kunden bringen – auch solche, die man vielleicht gar nicht auf dem Schirm hat.» Marketing-Fachleute wissen: Mit Videos zu arbeiten, macht Sinn. Diese werden von den Algorithmen sozialer Netzwerke bevorzugt. Laut einer Studie des Marketingunternehmens Wyzowl aus dem Jahr 2023 erhöhen Videos zudem die Kaufabsicht von Konsumenten um 84 Prozent.

Geschäftsleiter Haller betont: «Wir sind keine Hochglanz-Influencer, sondern Handwerker mit echten Ecken und Kanten – und genau das soll auch auf den Plattformen rüberkommen.» Wichtig sei, dass regelmässig etwas kommt. Sein Tipp: «Nicht zu viel nachdenken, einfach loslegen!» 

Das Maler- und Gipsergeschäft Brüder­li GmbH in Uetendorf bei Thun BE beschäftigt rund ein Dutzend Mitarbeitende. Das Familienunternehmen nutzt Instagram, ­LinkedIn, Facebook und TikTok. Allein auf Instagram folgen dem Unternehmen über 1000 Personen.
 

Eine Bildschirmaufnahme des Tiktok-Kanals. Die Brüderli GmbH nutzt TikTok, Instagram, LinkedIn und Facebook.

Unscharfe Bilder sind tabu

Mit Videos, geteilten positiven Bewertungen, Hinweisen auf firmeneigene Angebote sowie Bildern von Bauprojekten erreicht das Unternehmen nicht nur potenzielle Neukundschaft, sondern bindet mit regelmässigen Updates auch bestehende Kundinnen und Kunden. Geschäfts­inhaber Lukas Brüderli erzählt: «Wir publizieren unsere Instagram-Stories hauptsächlich selbst, um eine möglichst hohe Authentizität der Inhalte zu erreichen. Eine externe Agentur kümmert sich zudem um alle eingehenden Anfragen und leitet diese bei Bedarf direkt an uns weiter.» 

Brüderli rät: «Hochwertige Bilder sind entscheidend – sie sind das Schaufenster des Unternehmens. Schlechte Bildqualität schreckt Kunden ab.» Ebenso wichtig sei der Datenschutz: Mitarbeitende müssen der Nutzung von Fotos und Videos schriftlich zustimmen.

Auch die Community-Pflege zählt: Regelmässige Interaktion stärkt die Kundenbindung. «Wir setzen auf Wettbewerbe, Umfragen und Einblicke hinter die Kulissen.», sagt der Geschäftsinhaber. Jede Nachricht und jeder Kommentar werde beantwortet. Durch das Markieren beteiligter Firmen und Personen erhöht sich die Reichweite.

Das kostenlose Teilen von organischen Inhalten auf Social-Media-Kanälen ist eine Strategie, um Aufmerksamkeit zu erregen und neue Kundinnen zu gewinnen. Bezahlte Anzeigen auf Social-Media-Kanälen (siehe Übersicht in der Tabelle) ermöglichen ergänzend die gezielte Ansprache potenzieller Kundschaft in der Arbeits­region.

Werbeanzeigen gezielt einsetzen

Laut einer Meta-Studie aus dem Jahr 2023 erzielen lokal ausgerichtete Online-Werbeanzeigen bis zu 20 Prozent mehr Anfragen als klassische Printwerbung, die häufig hohe Streuverluste hat. Der Vorteil digitaler Werbung liegt nicht nur in der besseren Zielgruppenansprache, sondern auch in der präzisen Erfolgsmessung.

Während die Wirkung klassischer Werbung in Zeitungen und Zeitschriften nur schwer nachzuverfolgen ist, ermöglichen Social-Media-Kanäle detaillierte Analysen zu Klicks, ­Interaktionen und Kundenanfragen be­ziehungsweise sogenannten ­Conversions.

Fazit

Social Media sind für Unternehmen ein mächtiges Werkzeug zur Kundengewinnung und -bindung. Durch authentische Kundenbewertungen, eine starke Präsenz auf relevanten Plattformen und gezielte Werbe­anzeigen können Handwerksbetriebe ihre Reichweite vergrössern und mehr Aufträge gewinnen.

Wer also die digitalen Kanäle richtig nutzt, kann sich von der Konkurrenz abheben und langfristig er­folg­reicher sein.

Übersicht: Mögliche Social-Media-Kanäle für Handwerkerbetriebe

Plattform Vorteile Nachteile Kosten
LinkedIn Professionelles Netzwerk, ideal für B2B-Kunden und Kooperationen Weniger direkte Kundengewinnung im B2C-Bereich, braucht regelmässige Aktivität Nutzung kostenlos, LinkedIn-Werbeanzeigen kostenpflichtig
Facebook Hohe Reichweite, gezielte Werbung, 
Gruppen für lokale Handwerker
Organische Reichweite sinkt, erfordert Werbebudget für hohe Sichtbarkeit Nutzung kostenlos, Werbeanzeigen ­kostenpflichtig
Google Unternehmesprofil Kostenlos, erscheint bei Google-Suchen 
automatisch, Verknüpfung mit Google Maps, Publikation von Firmennews möglich
Aufwendige Bewirtschaftung, benötigt laufende Aktualisierung Einrichtung und Unterhalt kostenlos, ­kostenpflichtige Werbung über ein separates Konto «Google Ads»» möglich
Instagram Visuell ansprechend, gut für Vorher-Nachher-­Bilder und kreative Inhalte Erfordert häufige Updates, nicht ideal für lange Texte oder detaillierte Infos Nutzung kostenlos, Werbeanzeigen ­kostenpflichtig
YouTube Ideal für ausführliche Anleitungen und Kundenbindung durch Videoinhalte Erstellung von Videos ist zeitaufwendig und benötigt eine gewisse Produktion Nutzung kostenlos, kostenpflichtige Werbung und Premium-Abo möglich
X (ehemals Twitter) Schnelle Kommunikation, gut für Trendthemen und aktuelle Updates Begrenzte Zeichenanzahl, weniger ­visuell, benötigt regelmässige Aktivität Kostenlos, Werbeanzeigen kostenpflichtig
TikTok Hohe Reichweite bei jungen Zielgruppen, virales Potenzial durch Kurzvideos Kann viel Zeit für Content-Erstellung erfordern, Algorithmus schwer ­vorhersehbar Nutzung kostenlos, Werbeanzeigen ­kostenpflichtig

 

Text: Berhard Bircher-Suits
Bilder: zVg

 
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