
Zusatzlehre eröffnet neue Perspektiven
Die Zusatzlehre (ZL) zum Gipser-Trockenbauer EFZ wird von der Berufsfachschule (BFS) Gipser in Wallisellen ZH angeboten und richtet sich an Erwachsene, die bereits eine Grundbildung im Baunebengewerbe haben. Christoph Roth, der Schulleiter der BFS Gipser, erklärt: «Von Amts wegen ist das eine sogenannte Lehrzeitverkürzung. Das bedeutet, die Auszubildenden können ins zweite Lehrjahr einsteigen und müssen das Fach Allgemeinbildung nicht mehr besuchen.»
Roth hebt hervor, dass für dieses Modell eine separate Klasse ohne Blockwochenunterricht geführt wird, damit die Zusatzlernenden nicht wochenweise im Betrieb abwesend sind und zu viel Praxiszeit verlieren. Zudem würden es die Zusatzlernenden schätzen, dass sie zusammen mit den erwachsenen Schülern der Nachholbildung nach Artikel 32 die Schulbank drücken können.
Toni Lesaj (30) und Michael Jost (28) sind gelernte Maler EFZ und absolvieren die verkürzte Ausbildung zum Gipser-Trockenbauer EFZ, um ihre beruflichen Möglichkeiten zu erweitern. Auf gleiche Art können auch Gipser-Trockenbauer/innen EFZ zu Maler/innen EFZ werden.
Maler Jost macht die Zusatzlehre, weil ihn die Arbeit als Gipser ebenso fasziniert und er das breitere Aufgabenspektrum schätzt. «Man sieht oft schneller Ergebnisse», sagt er. Als Beispiel führt er an, dass ein Gipser «einen Raum halbieren kann, während der Maler ‹nur› Oberflächen beschichtet».
Lesaj entschied sich, den Gipserberuf von Grund auf zu erlernen, um seine Einsatzmöglichkeiten zu vergrössern. «Mit zwei Abschlüssen bin ich flexibler – gerade im Winter, wenn es als Maler weniger Aufträge gibt», erklärt er. Zudem seien auch die Weiterbildungsmöglichkeiten seiner Meinung nach umfangreicher.
Im Vergleich zur praktischen Arbeit, die den beiden Malern wegen ihrer Erfahrung leichter fällt, stellt die theoretische Ausbildung eine Herausforderung dar. Besonders das lange Sitzen im Unterricht und das Planlesen sind ungewohnt. «Gipser müssen eine Decke herunterhängen oder einen Lampenausschnitt planen können. Dafür braucht es räumliches Vorstellungsvermögen», erklärt Jost. Seine Arbeitskollegen hätten ihm jedoch versichert, dass das Planlesen und die räumliche Vorstellung mit der Zeit einfacher würden.
Abschluss bringt neue Aufgaben
Die Zusatzlehre bietet nicht nur die Vertiefung und Erweiterung der bereits vorhandenen Fähigkeiten und Kenntnisse, um beruflich voranzukommen, sondern erweitert auch die Perspektiven. Mit dem erfolgreichen Abschluss zum Gipser-Trockenbauer mit eidgenössischem Fähigkeitszeugnis wird es möglich, neue Aufgaben zu übernehmen und sich in anderen Bereichen zu spezialisieren. Beide Auszubildenden haben auch schon klare Ziele für ihre Zukunft: Lesaj strebt die Position des Vorarbeiters an, während Jost sich bis zum Projektleiter weiterbilden möchte.
Karriereschritt im Ausbaugewerbe
Schulleiter Christoph Roth sieht in der Zusatzlehre zum Gipser-Trockenbauer eine wertvolle Möglichkeit für Handwerker, ihre Karriere im Ausbaugewerbe voranzutreiben. Er bezeichnet die Ausbildung gerne als eine «Kaderschmiede».
Auch wenn diese Zweitausbildung anstrengend und mit Lohneinbussen verbunden ist, glauben sowohl Toni Lesaj als auch Michael Jost an den Wert des Aufwands. «Wenn handwerkliches Talent vorhanden ist, lohnt es sich», sagt Jost abschliessend und empfiehlt anderen unbedingt, den Schritt zur Zusatzlehre zu wagen.
Verkürzte Lehre zur/zum Gipser-Trockenbauer/in EFZ
Die verkürzte Lehre beziehungsweise Zusatzlehre (ZL) ist für Personen gedacht, die bereits eine Lehre absolviert haben − idealerweise in der Baubranche − und den eidgenössischen Fähigkeitsausweis Gipser-Trockenbauer/in erlangen möchten.
Die Schulpflicht wird in 12 Wochen zu je 2 Tagen pro Lehrjahr erfüllt (in der Regel dienstags und mittwochs). Der Unterricht umfasst die gesetzlich vorgeschriebenen Lektionen im Fach Berufskunde. Die Lernenden haben keine Lektionen im Fach Allgemeinbildung. Sie besuchen pro Lehrjahr einen überbetrieblichen Kurs (üK), der 12 Tage dauert.
Nach bestandenem Qualifikationsverfahren (QV) erhalten die Lernenden das eidgenössische Fähigkeitszeugnis (EFZ).
Text und Bild: Cornelia Sigrist
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